CHANCE +: Jobmesse für zugewanderte Frauen

CHANCE+ bringt Arbeitsmarktakteure an einen Tisch: Erste Berufsmesse für zugewanderte Frauen

Das Projekt CHANCE+ des Jobcenter Köln hat erstmals eine Berufsmesse für zugewanderte Frauen organisiert. Über 200 Teilnehmerinnen nutzten die Beratungsangebote oder lernten potenzielle Arbeitgeber kennen. Die Resonanz war so gut, dass es im nächsten Jahr eine Wiederholung geben könnte. 

Es war eine ungewöhnliche Veranstaltung in einem denkmalgeschützten ehemaligen Fabrikgebäude in Köln-Kalk: CHANCE+, ein Beratungsnetzwerk des Jobcenter Köln, bot zum ersten Mal eine Messe für den Berufseinstieg zugewanderter Frauen an. „Das ist ein Novum für geflüchtete Frauen in Köln“, berichtet Projektleiterin Silke Martmann-Sprenger. Und zwar eines, das gut angenommen wurde: Über 200 Teilnehmerinnen besuchten die Jobmesse KICK OFF IN DEN JOB am 9. Oktober. „Darauf sind wir wirklich stolz“, sagt Martmann-Sprenger.

Viele Beratungsangebote an einem Ort

Statt von einem Ort zum anderen geschickt zu werden, fanden die Frauen in den gut besuchten Ausstellungsräumen verschiedenste Beratungsangebote und Arbeitgeber an einem Ort. Die Uniklinik Köln, die Stadt Köln, der Pflegedienstleister CMS, die Sozial-Betriebe-Köln sowie Gastgeber und CHANCE+ Partner, die IB West gGmbH, informierten über Praktika oder Ausbildungen, die TH Köln zeigte Studienmöglichkeiten auf. Viele Frauen ließen nach einem Styling ein Bewerbungsfoto schießen und diskutierten über ihre beruflichen Visionen: wie der Start in die Selbstständigkeit gelingt, wie sie im Bewerbungsgespräch auftreten oder wie sie ihre Abschlüsse anerkennen können, zum Beispiel. Wenn es Sprachprobleme gab, halfen Dolmetscherinnen und auf die Kinder warteten im ersten Stock Erzieherinnen.

Hand in Hand

Nicht nur die Messe, auch das Projekt CHANCE+ ist in Deutschland besonders: Seit elf Jahren koordiniert das Jobcenter Köln als einziges bundesweit ein rechtskreisübergreifendes Projekt des Europäischen Sozialfonds mit dem Ziel, geflüchtete Menschen in Schule, Ausbildung und Arbeit zu integrieren. „Diese Menschen sollen eine realistische Chance erhalten, unabhängig von Transferleistungen zu werden“, erklärt die Projektleiterin. Gelingen soll das durch Intensivberatungen in den sieben Teilprojekten. Oft begleiten die Berater*innen die Geflüchteten über einen langen Zeitraum. All das passiert Hand in Hand mit Kolleg*innen des Integration Point, die auf der Messe ebenfalls vertreten waren.

Rollenbilder oft traditionell

Ein Wermutstropfen: Nur jede vierte Person, die am Programm von CHANCE+ teilnimmt, ist weiblich. „Die Rollenbilder sind in vielen Herkunftsländern sehr traditionell“, sagt Martmann-Sprenger. „Das heißt, dass viele Frauen zu Hause bleiben.“ Auch deshalb richtet sich die Jobmesse explizit an Frauen. Rückhalt hat die Organisatorin von oberster Ebene: „Es ist toll, wie viele gekommen sind“, sagt Birgit Jung, Mitglied der Geschäftsführung des Jobcenter Köln. Ihr ist wichtig, dass auch Frauen mit Migrationshintergrund besondere Unterstützung auf dem Weg in Ausbildung und Beruf erhalten. Daher sieht sie gute Chancen, dass die Messe im kommenden Jahr wieder stattfinden wird.

Traumberufe: Schneiderin, Ärztin, Model

Gute Chancen erhofft sich auch Falaknaz Raschidie: Die 40-Jährige hat auf der Messe an ihrem Traum gefeilt, eine eigene Schneiderei zu eröffnen. Siebzehn Jahre lang hat die Afghanin als Schneiderin gearbeitet. Seit drei Jahren lebt sie mit ihren fünf Kindern in Deutschland, hat Deutschkurse besucht, bei Schneidern und in einem Restaurant gearbeitet. „Ich könnte jetzt schon eine Stelle finden“, ist sie sicher. Doch um einen eigenen Laden zu gründen, müsse sie mehr über Buchhaltung wissen und auch Männerschnitte kennen. „Deshalb will ich weiterlernen.“ Aus diesem Grund ist sie zur Messe gekommen – und hat dort eine Frau kennengelernt, die ihr helfen will, eine Ausbildung zu beginnen.

Fündig wurden auch andere Frauen, jede mit ganz verschiedenen Qualifikationen und Wünschen. Eine Frau will Stylistin werden, eine andere sieht sich in einigen Jahren als Hebamme, wieder andere streben Tätigkeiten als Laborassistentin, Ärztin, Architektin, Schauspielerin oder Model an. Auch die Deutschkenntnisse unterschieden sich stark. „Wir versuchen, für jede ein passendes Angebot zu finden“, sagt Martmann-Sprenger.

Hanne Cürten von den Sozial-Betrieben-Köln etwa hat mit einen niedrigschwelligen Angebot Frauen umworben, eine Karriere als Pflegerin zu starten. Wer noch kein gutes Deutsch spricht, könne mit einem Praktikum anfangen, berichtet die Leiterin der Initiative IN-JOBS-KÖLN. „Eine Frau, die heute hier ist, arbeitet jede Woche 20 Stunden bei uns und wiederholt nebenher ihren Schulabschluss“, berichtet sie. Das Ziel: „Wir wollen sie fit machen für eine Ausbildung bei uns.“ Mehrere Frauen haben ihre Telefonnummern bei ihr gelassen. „Das ist toll“, sagt Cürten. „Denn genau solche Frauen brauchen wir.“

Wer dagegen einen Ausbildungsplatz bei der Stadt Köln ergattern möchte, muss kein bestimmtes Sprachniveau nachweisen. Allerdings müssen alle Bewerber*innen den Einstellungstest meistern. "Wir beraten Menschen mit Fluchthintergrund individuell und konnten so schon viele in Ausbildungen bringen", berichtet Nikola Fischer von der Ausbildungsleitung der Stadt Köln. Plätze gibt es zum Beispiel für angehende Gärtner, Verwaltungsfachangestellte oder Tischler*innen. "Wenn unsere Mitarbeitenden verschiedene Sprachen sprechen und Kulturen kennen, ist das für eine multikulturelle Stadt wie Köln ein großer Gewinn", sagt Fischer. Zusammen mit CHANCE+ konnte das Team der Ausbildungsleitung, in dem Fischer arbeitet, bisher zahlreiche Praktikumsstellen für Teilnehmende vermitteln.

Austausch und Synergien

Nicht nur für die Frauen ist es hilfreich, an einem einzigen Ort viele wichtige Infos und Partner*innen zu finden, die eng zusammenarbeiten. Auch die Aussteller, wie das Arbeitsprojekt des Kooperationspartners IB West, profitieren davon: „Uns begeistert besonders der Austausch mit Arbeitgebern, Beraterinnen oder dem Jobcenter“, sagt Betriebsleiterin Irmgard Dick. Denn so entstünden Synergien. „Wir freuen uns, dass die Berufsmesse, auf der sich so viele Menschen positiv vernetzen, in unseren Räumen stattfindet.“

Hintergrundinformationen:
CHANCE+ / Netzwerk Flüchtlinge und Arbeit / Köln, Bonn, Düsseldorf, Kreis Mettmann

CHANCE+ ist eines von 41 bundesweiten Beratungsnetzwerken und wird gefördert im Rahmen der „ESF Integrationsrichtlinie Bund“ mit dem Handlungsschwerpunkt „Integration von Asylbewerberinnen, Asylbewerbern und Flüchtlingen“ („IvAF“).In Nordrhein-Westfalen arbeiten zehn IvAF Netzwerke intensiv zusammen. Zu den Teilprojekten von CHANCE+ zählen: Caritasverband für die Stadt Köln e.V, Caritasverband Düsseldorf e.V., IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit e.V, IB West gGmbH für Bildung und soziale Dienste, der Kölner Flüchtlingsrat für Bonn sowie der Caritasverband Kreis Mettmann e.V.

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